Bevor Aziza zu uns kam, waren Hundeausstellungen für mich kein Thema. Und dann bin ich so unbedarft „hineingerutscht“, wie viele andere vor uns wohl auch:
Am Tag, als wir unsere kleine Knutschkugel Aziza endlich abholen durften, fragte mich ihre Züchterin (so mal ganz nebenbei), ob ich mir denn vorstellen kann, mit der Kleinen irgendwann einmal auf eine Ausstellung zu gehen. Für Züchter sei das ja schon wünschenswert, um zu sehen wo ihre Nachzuchthunde im Rassestandard stehen. Klar, verstand ich voll. Und an diesem Tag war ich im absoluten Ausnahmezustand (Glückseeligkeit pur) und äußerst großzügig mit Zugeständnissen.
Nun ja, ich halte meine Versprechungen gerne ein und so habe ich Aziza im zarten Alter von 7 Monaten zur IRA und NRA in Stuttgart gemeldet. Stuttgart ist quasi um die Ecke und die eine Ausstellung müsste doch zu schaffen sein.
Schon Tage (oder waren es Wochen?) vor dem Ausstellungstermin steigerte sich die Angst vor meiner eigenen Courage bedenklich, hatte ich doch so gar keine Ahnung, was da auf mich zukommt.
Kurzum, meine Schwägerin musste herhalten. Sie ist eine sehr erfahrene Ausstellerin und Retriever-Züchterin. Bei hündischen Angelegenheiten lässt sie sich nicht zweimal bitten und so konnte ich sie zu einem kleinen, privaten Ringtraining überreden. Sie übte mit uns, sehr geduldig, und gab sich alle nur erdenkliche Mühe. Doch ruhiges Stehen und Zähnezeigen – nee, darauf hatte Klein-Aziza einfach keinen Bock. Das Fazit des Profis: „Diese wilde Hummel ist der Albtraum für jeden Richter!“
Dann war er da, der Tag X! In Stuttgart angekommen, herrschte schon im Parkhaus und auf dem Weg zu den Messehallen ein mächtiger Trubel. So viele Hunde, so viele Menschen mit Roll-Kennels, Ziehwägen, Gepäck. Zugegeben, ich war schon sehr geneigt, den Rückzug anzutreten, doch mein kleines Dalmimädchen trabte unbeeindruckt und fröhlich neben mir her. Es machte sich nun doch bezahlt, dass ich sie schon als Puppy in die Stadt, in große Kaufhäuser, den Zoo,…. mitgeschleppt hatte.
Wir schafften es auch tatsächlich in diesem Wirrwarr den Dalmatinerring zu finden und unsere Startnummer abzuholen. Gespannt schaute ich dem Richten der Rüden zu: wie brav und gelassen die alle waren!!! Und in meinem Hinterkopf flüsterte der innere Schweinehund: „Fahr doch einfach wieder heim!“
Ich bin geblieben und dann stand ich mit meinem Mädchen im Ring. Zuerst ein paar Runden im Kreis laufen – super, ging sogar ohne wilde Bocksprünge! Ruhig warten während die erste junge Dalmine gerichtet wurde – auch einigermaßen passabel. Na, wer sagt´s denn!
Dann wir: Aufstellen vor dem Richtertisch. Ging auch so, bis sich die nette Richterin zu Aziza hinunterbeugte, um die Zähne anzuschauen. Statt der Zähne bekam Frau Jäckel erst einmal die klatschnasse Hundeschnauze von meinem Monster zu sehen und einen liebevollen „Superschlecker“ über´s ganze Gesicht. Kurze Unterbrechung! Frau Jäckel musste sich die total versabberte Brille putzen. Grrrrrr….
Wir schafften es ohne weitere Zwischenfälle bis zum Ende und Aziza bekam ein „vielversprechend“ – verbunden mit dem dringenden Rat, dass etwas bessere Ringmanieren schon erforderlich seien! Upps! Trotzdem, Erleichterung pur, gut gemacht kleine Maus, war ja gar nicht soooo schlimm!
Wesentlich mutiger nahmen wir den 2. Ausstellungstag in Angriff. Das Tohuwabohu zum und am Ring war das gleiche wie am Vortag. Und ich war inzwischen etwas schlauer und brachte für Aziza die Softbox, für mich einen Hocker mit. Wir schauten, dieses Mal schon weit ruhiger dem Geschehen im Ring zu, zumal ich freudig festgestellt hatte, dass die Richterin keine Brille trug. Und ich war felsenfest entschlossen, die Richterin vor den Knutsch-Attacken meiner Chaosnudel zu beschützen!
Alles lief wie am Schnürchen: Aziza begrüßte die Richterin freundlich (schlimmere Ausschweifungen wusste ich zu verhindern), sie stand relativ ruhig beim Einzelrichten und das Laufen war dann ein Kinderspiel! Aziza bekam wieder ein „vielversprechend“ und wir durften uns sogar hinter das 1er-Schildchen stellen.
Mein kleiner Bericht könnte nun so enden: Ich war so stolz auf meine hübsche Schokoschnute und wir drehten glücklich eine Ehrenrunde ………
NEIN, so war es aber nicht!
Wir standen also hinter dem 1er-Schildchen und die Richterin hatte eine wunderschöne große pinkfarbene Schleife in der Hand. Während sie mir gratulierte, flutschte Klein-Aziza rückwärts aus der etwas zu weiten Halsung, mopste sich die Schleife und feierte damit, unter dem johlenden Beifall der Zuschauer, ihre ganz private Siegerparty. Es waren unendliche Minuten, bis ich den kleinen Troll mit ihrer Trophäe wieder eingefangen hatte.
Und ich frage mich noch heute, wie ich das drohende Unheil nur übersehen konnte!